
Die Reise zum linken Ufer
von Bordeaux

Unsere erste Station war bei Château Phélan Ségur in der Appellation Saint-Estèphe, wo uns Direktorin Véronique Dausse gemeinsam mit ihrem Kellermeister Fabrice Bacquery und Weingartenmanager Luc Peyronnet begrüßte. Eine Sensation war der 2020er-Jahrgang – wer diesen noch nicht im Keller hat, sollte sich unbedingt ein paar Flaschen davon besorgen! Zum jetzt trinken präsentierte sich wunderbar der charmante 2017er beziehungsweise 2015er mit ersten, wenn auch nur sehr dezenten Reifenoten.

Danach hatten wir das große Vergnügen, drei Jahrgänge Fée Aux Roses zu verkosten. Im Frühjahr 2007 entstand die Idee für diesen Wein. Thierry Gardinier (bis 2017 Besitzer von Château Phélan Ségur) wollte etwas Neues kreieren, etwas, das das Potential des Terroirs des Châteaus aufzeigen sollte. Für ihn war es nicht nur ein Experiment, sondern auch eine persönliche Herausforderung. Er selektierte vier Parzellen mit alten Reben von Cabernet Sauvignon und Merlot, insgesamt 1,6 Hektar, für dieses Projekt. Der poetisch-mysteriöse Name des Weins stammt von einem eleganten Segelboot, welches früher auf der Gironde vor dem Château segelte. Die Vinifizierung erfolgt in neuen 500-Liter-Fässern aus französischer Eiche. Die Idee dafür stammt vom bekannten Önologen Michel Rolland. Anschließend erfolgt eine Reifung für zwei Jahre in Holz aus den Wäldern von Tronçais. Der Wein kommt in einer eleganten 3er-Holzkiste, die je eine Flasche der der Jahrgänge 2007, 2008 und 2009 enthält. Vor allem der 2007er präsentiert sich gerade schlichtweg sensationell und zeigt deutlich mehr, als sich viele von diesem Jahrgang erwarten würden. Sowohl 2008 und 2009 sind hervorragend, der 2007er jedoch sicherlich die große Überraschung!

Weiter ging es zu Château Pichon Baron. Dieses sich im Besitz der Versicherung AXA befindliche Château zählt heute zu den absoluten Pauillac-Superstars. Schon der 2018er Les Tourelles de Longueville, einer der beiden Zweitweine des Hauses, weiß durch seinen dunkelbeerigen Fruchtcharme gepaart mit süßem reifen Tannin zu gefallen. Nochmals ein anderes Kaliber ist der Grand Vin 2018. Zusätzlich zur jahrgangstypisch hedonistischen Frucht kommt hier noch eine grandiose Tannin-Struktur.

Der Tag endete schließlich auf Château Rauzan Ségla in Margaux. Das im Besitz der Wertheimer Familie (u.a. Chanel) sich befindende Gut zählt seit geraumer Zeit zu den Überfliegern der Appellation. Beeindruckend ist schon der 2016er Ségla, der Zweitwein des Hauses aus einem der größten Bordeaux-Jahrgänge überhaupt. Im Vergleich zum ebenfalls verkosteten 2016er Grand Vin präsentiert sich der Ségla bereits wunderbar antrinkbar, der Erstwein hat dann noch mehr Struktur und Komplexität. Verführerisch und fast tänzelnd präsentiert sich der 2021er Rauzan Ségla. Mit moderatem Alkoholgehalt, delikater rotbeeriger Frucht und feinem Tannin lohnt es sich, ihn zu trinken, während man die ganz großen Jahre noch weiterreifen lässt.